Jahresrückblick 2015 des Ersten Vorsitzenden

»Nach Staufenberg geht es bergauf. Heimwege. Schon als Kind so gegangen. Erst nach Staufenberg und dann auf den Böhmerwald zu. So gehst du dein Leben lang heim.« (Bek, 18)

Liebe Mitglieder der Peter-Kurzeck-Gesellschaft,
liebe Freunde Peter Kurzecks,

in Zukunft möchte ich Ihnen an jedem Jahresende einen Rückblick auf die Tätigkeiten unserer Gesellschaft geben, der dann auch auf unserer Webseite erscheinen wird. So könnte im Laufe der Jahre eine Chronik entstehen, in der man immer wieder einmal gerne blättert.

Am 18.12.2014 – und mit Ergänzungen am 22.1.2015 – hat das Amtsgericht Gießen die Peter-Kurzeck-Gesellschaft e.V. unter dem Aktenzeichen VR 4719 ins Vereinsregister eingetragen. Am 30.1.2015 erfolgte dann der Bescheid des Finanzamtes Gießen über die „gesonderte Feststellung der Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach den §§ 51, 59, 60, 61 AO“. Mitgliedsbeiträge und Spenden waren jetzt also steuerlich absetzbar, sodass wir anschließend bei der Sparkasse Gießen / Filiale Staufenberg unser Konto eröffnen konnten (Bevollmächtigte: 1. Vorsitzender und Schatzmeister). Das durchaus komplizierte und arbeitsaufwendige Abbuchungsverfahren mit einem entsprechenden Softwareprogramm organisierte unser Schatzmeister Folke Diederich mithilfe seiner Marburger Firma GFM Systems UG, sodass uns hierfür keine Kosten entstanden und entstehen. Vielen Dank dafür!

Der Vorstand tagte am 4.2., am 18.3. (vor der Mitgliederversammlung) und am 17.12. Am 4.2. wurde u.a. die info@-Adresse als zentrale Anlaufstelle für die Öffentlichkeit (Betreuung Rolf Steubing, Volker Hess) eingerichtet. Am 18.3. fand u.a. die Aufnahme der Mitglieder statt und es wurden vier Arbeitsgruppen mit den Namen „Archiv“ (Ehrismann, Fuchs), „Forschung“ (Deuble, Ehrismann, Schellenberger-Diederich), „Heimat“ (Fink, Heger) und „Internet“ (Döring, Hess) gebildet. Als Logo der Gesellschaft wurde die (oben abgebildete) Vinyl-Zeichnung des Marburger Künstlers Rupert Eichler gewählt, deren Verwertungsrechte wir inzwischen erworben haben. Die harmonisch verlaufende Mitgliederversammlung, auf der als neuer Schriftführer Herr Manfred Aulbach und zwei Kassenprüfer (Dr. Horst-Günter Weppner und Bernhard Zipp) gewählt wurden, folgte den Vorschlägen des Vorstandes und bildete eine Arbeitsgruppe für den „Tag für die Literatur“ (s. unten). Am 25.6. sind wir dem „Hessischen Literaturrat“ beigetreten.

Natürlich haben wir uns auch in kleineren und informellen Gruppen des Öfteren getroffen. Davon seien nur erwähnt:

  • Ein Besuch am 17.9. im Stadtschreiberarchiv Bergen – dort verbrachte Peter Kurzeck das Jahr 2000 als Stadtschreiber – mit Ilona Fuchs, Prof. Baumgartner und mir. Die Leiterin, Frau Wiessner, überreichte uns ein dickes Konvolut mit Hinweisen zu wissenschaftlichen und journalistischen Artikeln und Materialien zu Peter Kurzeck. Dafür herzlichen Dank!
  • Mehrere Besuche in den Kurzeck-Zimmern mit Vertretern der Stadt, der Feuerwehr und des Kreises.
  • Eine Besprechung mit Mitgliedern des Kunsthistorischen Instituts der Uni Gießen und des Literarischen Zentrums Gießen über die Gießener Kurzeck-Ausstellungen im kommenden Jahr in den Räumen meines „Sudetendeutschen Wörterbuchs“ (Zeughaus Gießen; 6.10.)
  • und eine weitere Besprechung bei Herrn UB-Direktor Dr. Peter Reuter am 3.11. über diese Ausstellungen.

Folgende Projekte möchte ich besonders hervorheben:

  • „Tag für die Literatur“: Am 31. Mai fand die vom „Hessischen Rundfunk – hr2 – kultur“ organisierte hessenweite Veranstaltung „Literaturland Hessen – Ein Tag für die Literatur“ statt, an dem wir mit unserer Veranstaltung „Peter Kurzecks Landschaft – ein literarischer Spaziergang durch Staufenberg“ teilnahmen. Wir haben hier Harry Oberländer für hilfreiche Unterstützung zu danken! Über 120 Teilnehmende wurden gezählt; mehr als bei dem letztjährigen „Spaziergang“. Die hohe Zahl der Interessierten verdankt sich sicherlich ein wenig der Arbeit unserer Gesellschaft, ebenso aber wohl auch dem Hessischen Rundfunk, der in einem ausführlichen Interview auf das Staufenberger Event aufmerksam machte. Frau Karoline Sinur von hr2-kultur gilt unser Dank für die Auszeichnung, die Peter-Kurzeck-Gesellschaft unter den kaum zu zählenden Veranstaltungen dieses Tages dafür ausgewählt zu haben. An diesem Tag wurde auch der Platz vor der Roten Schule in Staufenberg, die Kurzeck als Kind besucht hatte, gegenüber der Goetheschule als „Peter-Kurzeck-Platz“ eingeweiht. Der Platz wurde von der Stadt inzwischen neu gestaltet. Ich möchte hier v.a. unserem Bürgermeister Peter Gefeller mit seinem Einsatz für die Gesellschaft danken.
  • „Kurzeck als Maler“: Vor noch nicht allzu langer Zeit haben die meisten von uns von den Zeichnungen Peter Kurzecks allenfalls gerüchteweise gehört. Nun hat Prof. Dr. Marcel Baumgartner vom Kunsthistorischen Institut der Uni Gießen mit seinen Mitarbeitern (im Rahmen eines gemeinsam mit dem Literaturwissenschaftler Prof. Dr. Joachim Jacob durchgeführten Seminars) mit großem Spürsinn und Engagement eine Fülle von ihnen bei Kurzecks Freunden Aulbach und Ostheimer aufgespürt. Er präsentiert einen Teil davon zusammen mit dem „Literarischen Zentrum Gießen“ (LZG) in zwei Ausstellungen: Im „Kultur im Zentrum“ (KiZ) in der Gießener Kongresshalle sowie in dem Ausstellungsraum der Universitätsbibliothek Gießen. Auch unsere Gesellschaft trägt im Begleitprogramm dazu bei. (Googeln Sie „LZG Gießen“; dort: „Programm Winter“; „Programm Frühjahr“ folgt). Die einzelnen Termine sind Ihnen in einer Rundmail zugegangen, ein Leporello wird Ihnen Mitte Januar zugeschickt werden. Baumgartners Arbeit kann gar nicht genug gewürdigt werden, denn das Bild des Dichters Kurzeck, der gleichsam mit dem Malstift schreibt, der ein Bild-Erzähler ist, erhält eine neue Tiefenschärfe – „Ich hätte nie aufhören sollen zu malen.“ (Bek, 115) Lesen Sie doch einmal das 9. Kapitel aus seinem Roman „Bis er kommt“!
  • Peter-Kurzeck-Website: Die Website der Peter-Kurzeck-Gesellschaft befindet sich derzeit im Entstehen. Die sehr arbeitsaufwendige Realisierung übernimmt unser Vorstandsmitglied Volker Hess auf der Grundlage eines professionellen Entwurfs der Firma Cskw Berlin (www.Cskw.de; Christian Steubing). Die Website verwendet das Logo PETER KURZECK GESELLSCHAFT und orientiert sich an der Vorgabe „mobile first“. Somit wird in Kürze eine auf Desktop-PCs, vor allem aber auch auf Smartphones und Tablets nutzbare zeitgemäße Präsentation der Gesellschaft unter der Adresse www.peter-kurzeck-gesellschaft zur Verfügung stehen.
  • Multimedialer Wanderweg: Jörg Döring und Volker Hess (Uni Siegen) haben für den (auf Smartphone und Tablet abzurufenden) multimedialen Literarischen Spaziergang durch Staufenberg – Teile wurden Ihnen auf dem diesjährigen Kurzeck-Treffen im Mai vorgestellt – einen Förderungsantrag bei „Region GießenerLand e.V.“ gestellt, der nun seinen ‚Gang durch die Institutionen‘ nimmt (s. www.giessenerland.de, dort: Projekte in Vorbereitung, Lumdatal Tourismuskonzept). Die ersten Hürden, namentlich die Zustimmung des Staufenberger Stadtparlaments, sind erfolgreich genommen.
  • Erinnerungstafeln für Peter Kurzeck: Da nun der multimediale Wanderweg, wenn auch ein work in progress, eine sehr konkrete Gestaltung angenommen hat, kann die AG „Heimat“ ihre Pläne zu Erinnerungstafeln an Peter Kurzeck, die sich auf diesen Wanderweg beziehen – eine davon haben Sie an der Schule schon sehen können – aufnehmen. Einfach ist dies nicht, schließlich kann man die Tafeln nicht an irgendjemandes Haus dübeln. Und kostenintensiv ist es auch.
  • Erinnerungsort für Peter Kurzeck: „Die Goetheschule mit ihrem hohen Dach und dem finsteren Blick. Eine Kaserne, ein Knast für viele Generationen.“ (Bek, 142) (Ganz so schlimm wird es nicht gewesen sein, meine Töchter haben sich dort jedenfalls sehr wohl gefühlt.) Kurzecks bewohnten unter diesem Dach zwei Zimmer mit Turmblick. Heute ziemlich heruntergekommen. Wir möchten hier einen Erinnerungsort für den Autor einrichten, wobei Hans Fink und ich zunächst die ‚Basis-Probleme‘, d.h. die Benutzbarkeit der Zimmer, lösen wollen. Hans, dem gut Vernetzten, gebührt hier besonderer Dank! Aber auch Frau Landrätin Schneider und den verschiedenen mit dem Antrag befassten Abteilungen des Landratsamtes. Alle waren sie sehr kooperativ. Am 2.6. ist, nachdem am 21.4. der Fachdienstleiter Schule des Kreisausschusses der Nutzung zugestimmt hatte, die „Nutzungsänderung der Wohnräume im Dachgeschoss (Goetheschule) als Erinnerungsort für den Schriftsteller Peter Kurzeck“ mit der Maßgabe einer „familienähnlichen“ Nutzung im Sinne der Baugenehmigung von 1948 (5 Personen, gelegentlich 10) durch die Bauaufsicht des Kreisausschusses erfolgt. Unsere nächste Aufgabe wird das Verhandeln eines Nutzungsvertrags sein.
    Wie die beiden Kurzeck-Zimmer detailliert einzurichten sind und wie mit ihnen umzugehen ist, bleibt späteren Planungen überlassen. Frau Dr. Erika Schellenberger-Diederich hat hierfür mit einer Gruppe Marburger Studis weitreichende und interessante, in Richtung eines Museums weisende Vorschläge erarbeitet. Die Einrichtung des Erinnerungsortes steht jedoch unter einem Vorbehalt, da, nach einer eventuellen Übersiedlung der Schule an eine noch zu errichtende zentrale Schule für drei Ortsteile Staufenbergs die Nutzung des Schulgebäudes durch den Landkreis noch unbestimmt ist. Das dürfte sicherlich noch einige Jahre dauern, dennoch sollten wir von Seiten der Gesellschaft vorerst keine allzu hohen Investitionen tätigen. Wir bleiben dran.
    Das in einem dritten, nicht von Kurzecks bewohnten hofseitigen Zimmer unterzubringende Archiv benötigt dagegen zur Instandsetzung, weil es noch recht gut in Schuss ist, keine bemerkenswerten Kosten. Wir wollen hier sammeln: persönliche Gegenstände, wissenschaftliche und journalistische Artikel jeder Couleur, Videos, usw., sodass ein kleiner und würdiger Forschungsort aufgebaut werden kann.

Das allmähliche Wachsen unserer Gesellschaft verdanken wir natürlich vor allem dem Verlag Stroemfeld / Roter Stern, der Kurzecks Werke betreut und in diesem Jahr das zur Romanreihe „Das alte Jahrhundert“ gehörige Fragment „Bis er kommt“ aus dem Nachlass herausgegeben hat (Rudi Deuble, Alexander Losse). Wie schwierig dies bei dem recht eigenwilligen Schriftduktus des Autors war, wie präzise dieser aber auch trotz der auf den ersten Blick sehr ungeordnet erscheinen Notizensammlung seine(n) Text(e) konstruiert hat, sodass sich am Ende doch alles lückenlos zusammenfügte, hat uns Rudi Deuble bei unseren Treffen im Vorstand anschaulich zeigen können. Er wird bei der Mitgliederversammlung im kommenden März Weiteres über den Nachlass Peter Kurzecks berichten. Neu herausgegeben wurde das Bändchen „Vor den Abendnachrichten“, dem Bianca Döring ein sehr persönlich gehaltenes Nachwort gewidmet hat:

„Wie schnell. Da kommt er ihr entgegen, auf dem Bahnhof, das letztemal, so wächsern so äschern sein Gesicht, da kommt der Tod denkt sie flüchtig und entsetzt und wirft den Gedanken sofort weit weg weit in den Himmel […].“

Nicht nur Peter Kurzeck, auch unser engagiertes Gründungsmitglied Bernhard Zipp hat ihm folgen müssen. Bernhard ist am 24. April verstorben. Wir trauern um ihn mit seiner Familie.

Unsere Gesellschaft zählt zurzeit 45 Mitglieder – das sind zu wenige! – mit einem Durchschnittsalter von ca. 58 Jahren – das ist zu hoch für eine Gesellschaft, die noch lange leben will! Ich bitte Sie deshalb herzlich: Werben Sie um neue Mitglieder, und sofern Sie erst zu unseren „Freunden“ und „Freundinnen“ zählen: Werden Sie doch Mitglied – gleichgültig ob Sie 30 oder 15 € entrichten können/möchten. Darüber hinaus ist unsere Gesellschaft auf Spenden und SponsorInnen angewiesen, um ihre Projekte verwirklichen zu können, die ja der Verankerung von Peter Kurzecks Werken im kollektiven Gedächtnis einer kulturell interessierten Öffentlichkeit dienen sollen.

Ihr
Otfrid Ehrismann

Staufenberg, 22.12.2015